TagVäter

Gemeinsame Obsorge

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Ich bin gegen eine automatische Gemeinsame Obsorge, wie sie Justizministerin Bandion-Ortner umsetzen möchte. Dieser Standpunkt lässt sich meiner Ansicht nach recht einfach begründen. Noch immer wird ein Großteil der Haus- und Pflegearbeit, der Kindererziehung von Frauen geleistet – eine automatische Gemeinsame Obsorge würde also nicht der gesellschaftlichen Realität gerecht werden. In rund 90 Prozent der Fälle einigen sich die Eltern zudem einvernehmlich auf ein Obsorge-Modell, Streitigkeiten rund um das Sorgerecht gibt es nur bei zehn Prozent der Paare. In diesem Sinne sollten als Einzelfälle also individuell überprüft werden – gerade auch, weil Scheidungen unter anderem aufgrund von Gewalt in der Familie eingereicht werden.

Was wir in Österreich jedoch dringend nötig hätten, ist eine Debatte um die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit und neue Modellen einer aktiven Vaterschaft. „Natürlich ist die Obsorge Teil einer aktiven Vaterschaft. Allerdings wird diese Vaterschaft vor der Geburt, während der Geburt und nach der Geburt geformt. Ihr Kennzeichen ist die väterliche Präsenz für Mutter und Kind. Wenn man bedenkt, dass in Österreich der Karenzväteranteil magere 4 Prozent beträgt und nur eine verschwindende Minderheit von Männern für die Betreuung ihrer Kinder ihren Beruf auf Teilzeitarbeit reduziert, wird erkennbar, dass die väterliche Präsenz in Österreichs Haushalten sehr gering ist“, meinte dazu der Sozialwissenschafter Erich Lehner im diestandard-Interview.

Eine solche Debatte ist aber offensichtlich nicht erwünscht, sondern geht in eine ganz andere Richtung; das zeigt die Art und Weise, wie und mit welchem Vokabular über das Thema gesprochen wird. Dass es bei der Obsorge immer um möglichst ideale Bedingungen für die betroffenen Kinder geht, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Viele Befürworter_innen (und auch einige Gegner_innen) der Gemeinsamen Obsorge überschlagen sich jedoch förmlich in der Bemühung, ihre Sorge um das „Kindeswohl“ zu formulieren.

Klaus Küng, Diözesanbischof in St. Pölten, durfte im „Standard“ ein Kommentar mit dem Titel „Zeichen der Hoffnung zum Wohle des Kindes“ veröffentlichen. Küng hat Bedenken aufgrund der vielen Trennungen, die heutzutage ganz leichtfertig vollzogen würden. „Doch: Die allermeisten Kinder sehnen sich nach einem Leben mit Vater und Mutter – auch wenn es Schwierigkeiten gibt, auch wenn Spannungen und Streit auszuhalten sind.“ Die Gemeinsame Obsorge ist für ihn der erste Schritt in die richtige Richung: „In einer zunehmend vaterlosen Gesellschaft ist es ein Zeichen der Hoffnung, dass Väter auch einseitig gemeinsame Obsorge beantragen können; vielleicht realisieren sie dann, dass der Vater mindestens gleich viel zum Glück des Kindes beitragen kann und muss.“

Was lesen wir hier also im Subtext? Scheidungen sind furchtbar (für die Kinder) und Kinder brauchen einen Vater, um glücklich aufwachsen zu können – egal, unter welchen Bedingungen. Schuld sind also die Eltern. Und wenn wir ganz ehrlich sind: die Frauen. Und was man(n) dann vielleicht nicht mehr auszusprechen wagt: Hat nicht der Feminismus die Institution der Ehe zerstört? Lassen sich Frauen heutzutage nicht wegen jeder Kleinigkeit scheiden und zerstören damit die Familie?

Immer wieder werden solche Untertöne in Debatten um Familie (=Mutter-Vater-Kind) eingebracht und stellen so den langen Kampf der Frauenbewegung in Frage, der die Eigenständigkeit von Frauen und den Ausstieg von Frauen aus Gewaltbeziehungen vorangetrieben und erleichtert hat. Und das alles natürlich nur zum Wohle des Kindes.

„Das Gefühl, dem Kind gegenüber auch weiterhin ein Mitspracherecht zu haben, verhindert, in eine Position der Ohnmacht und Frustration zu kommen. Der Vater fühlt sich nicht plötzlich entrechtet, es besteht kein Grund, hilflos ‚um sich zu schlagen‘, die Mutter sieht sich keinen Angriffen ausgesetzt, die Alimente treffen regelmäßiger ein, das Vertrauen wächst“ – so argumentiert Anton Pot0tschnig, Obmann des Vereins „Doppelresidenz“, die Gemeinsame Obsorge im „Standard“ und bezeichnet sie zugleich als einen „emanzipatorischen Schritt für Frauen und Männer“. Quergelesen werden hier also gewalttätige Reaktionen und unterschlagene Zahlungen von Vätern legitimiert – so sehe das eben aus, wenn Männer kein Mitspracherecht haben.

Interessant ist auch, das Menschen, denen eine „vaterlose Gesellschaft“ schlaflose Nächte bereitet, meist nur gesetzlich fundierte Mitspracherechte von Vätern im Visier haben. Sollte es nicht viel eher ihr Ziel sein, an einem neuen, emanzipatorischen Männerbild zu arbeiten, das väterliche Beteiligung an Haus- und Pflegearbeit miteinschließt und somit eine intensive Bindung zu Kindern von der Geburt an ermöglicht? Gerade so könnte das vorherrschende „Ein Kind gehört zur Mutter“ aufgeweicht werden. Zumindest Justizministerin Bandion-Ortner scheint dies kein Anliegen zu sein. Gemeinsame Obsorge – „Auch wenn der Vater erst einige Jahre später draufkommt, dass er für das Kind Verantwortung übernehmen will. Bei manchen Vätern dauert es einfach etwas länger“, sagte sie im Interview mit dem „Standard“. Das implizite Familienmodell stellt sich im traditionellen Sinne hier also folgendermaßen dar: Die Mutter kümmert sich um das Kind, der Vater entscheidet (mit), was das Beste ist. „Wer bezahlt, soll auch ein Mitspracherecht haben“, ergänzte dazu Ursula Haubner vom BZÖ.

Unfähige Männer

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Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek kann sich also ein verpflichtendes Karenz-Monat für Väter vorstellen – das erzählte sie vergangene Woche dem Standard. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Vorschlag umgesetzt wird, liegt allerdings wohl  (leider) unter zehn Prozent. Empörende Ablehnung schlug ihr sogleich von Seiten der ÖVP entgegen und auch einige Journalisten des Landes brachten ihre Furcht vor der „Pflichtkarenz“ zu Papier.

Kinder seien nun Mal „Frauensache“ – mit diesem Argument wagen 2011 wohl nur mehr einige Hardliner (als anonyme Poster) ins Feld zu ziehen. Viel mehr wird da die Freiheit des mündigen Bürgers und der Bürgerin herbeizitiert. „Jetzt soll, wenn es nach der Frauenministerin geht, die Familie mit dem Pflicht-Papamonat also bald wieder zum gesellschaftspolitischen Exerzierfeld werden. Dem Trend folgend, dass statt der freien Entscheidung mündiger Menschen von der Wiege an alles per Gesetz reguliert werden muss“, schreibt Karl Ettinger in der Presse. Auch Eric Frey stimmt im Standard ähnliche Töne an: „Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, in der uns der Staat solche höchstpersönlichen Entscheidungen abnimmt? Mündige Menschen – und das sind Väter im Allgemeinen – müssen selbst entscheiden können, wie sie den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen.“

Nun, gegen eine Gesellschaft der freien, mündigen Bürger_innen gibt es wirklich nichts einzuwenden, Tatsache ist aber, dass sich in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten in Sachen gerechter Geschlechterverhältnisse sehr wenig getan hat – und das trotz aufklärerischer Kampagnen, Infobroschüren und öffentlicher Anprangerung von Gehaltsschere und Co. 4,5 Prozent der Väter nehmen Erziehungsurlaub in Anspruch – ohne entsprechende gesetzliche Regelungen werden wir vermutlich weitere zwanzig Jahre warten müssen, bis sich dieser Wert verdoppelt hat. Im Jahr der Frauen ist die Zeit reif für politische Interventionen, schließlich sollen unsere Enkelinnen am 8. März nicht  mit den selben Forderungen – Stichwort Karrierefalle Karenz – auf die Straße gehen müssen.


Foto: BKA/HBF – Andy Wenzel

Doch abgesehen von der Freiheit der Staatsbürger_innen könnten offensichtlich auch die Fähigkeiten der Männer gegen eine Väterkarenz sprechen. „Ganz abgesehen von der Frage, ob für ein kleines Kind ein zwangsverpflichteter Macho tatsächlich das Beste für den Start ins Leben ist“, sorgt sich Presse-Journalist Ettinger; „damit tut man niemandem etwas Gutes – weder den zwangsverpflichteten Vätern noch den auf diese Weise zur Betreuung überlassenen Kindern“, meint Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Und standard.at Poster greifen zu weit drastischeren Schilderungen von möglichen Horror-Szenarien: Väter könnten etwa beim Spaziergang mit dem Kinderwagen in Raufereien verwickelt werden, weil ein anderer Papa ihnen die Vorfahrt genommen hat.
So ist es also um die österreichischen Väter bestellt? Unbeherrschte Machos, denen man unmöglich guten Gewissens ein Kleinkind anvertrauen kann?

Ob da die Fähigkeiten der Männer nicht grob unterschätzt werden. Und überhaupt – wer überprüft eigentlich die Eignung der so gesehen „zwangskarenzierten“ Mütter? Oder schieben die Menschen, die Männer zwar zutrauen, ein Unternehmen zu leiten, aber nicht, einen Einjährigen zu beaufsichtigen, gar nur Schein-Argumente vor? Vermutlich vergessen sie auch darauf, dass gerade Väter, die sich aufgrund von Druck im Berufsleben nicht für die Karenz entscheiden, enorm von einer gesetzlichen Regelung profitieren würden. „Und für die Kinder bringt der Papamonat die Chance auf eine bessere Beziehung zum Vater“ – meint Conrad Seidl.

Männer in Karenz

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Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat aktuell eine Kampagne gestartet, um mehr österreiche Väter dazu zu animieren, in Karenz zu gehen. Derzeit sind es verschwindend geringe 4,5 Prozent der Väter, in zehn Jahren sollen es 20 Prozent sein. 15 Jahre nach Helga Konrads „Ganze Männer machen Halbe-Halbe“ heißt es nun also: „Echte Männer gehen in Karenz„. Hier der dazugehörige Spot:

Und, spricht euch das an?

Wochenschau

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In „Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt“ hat die Soziologin Pinar Selek die Konstruktion von Männlichkeiten am Beispiel des Wehrdienstes in der Türkei untersucht. „Es ist jetzt wirklich nötig, diese Thematik anzusprechen. Weltweit gibt es überall Kriege, das muss ein Ende haben. Ich möchte verstehen, wie öffentliche Gewalt entsteht und warum Männer als Träger der Gewalt fungieren“, zitiert diestandard die Autorin. Bericht auf diestandard.at

Unglaubliche, bahnbrechende Erkenntnisse von der School of Economics in London: Scheidungsraten sind auffallend niedriger, wenn sich der Mann an den täglichen Pflichten wie Putzen, Einkaufen und Kinderbetreuung beteiligt. Gesehen unter anderem auf science.orf.at.

Und: „Auch Väter erkranken an Babyblues“ lautete eine Schlagzeile in der vergangenen Woche. Die Eastern Virginia Medical School hat sich dem unerforschten Gebiet angenommen.

Erneute Horror-Meldungen aus asiatischen Fabriken: Ein chinesischer Reporter hat in Wallraff-Manier im chinesischen Konzern Foxconn – wo iPhone und Co hergestellt werden – undercover recherchiert. Ein Bericht über die unglaublichen Bedingungen für die Arbeiter_innen, der zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten anregt: Link

Zum Abschluss etwas Erfreuliches: Ein genialer Spot, in dem die Bronte-Schwestern als Action-Figuren gegen Diskriminierung kämpfen. Solches Spielzeug sollte Mattel doch mal wirklich herstellen. (Gefunden auf der Mädchenmannschaft)

Father and Son

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„Das Ende der Väter-Diskriminierung“, titelt der SWR Online. Grund dafür ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das in den vergangenen Wochen für Aufsehen gesorgt hat. Ein deutscher  Vater kämpfte viele Jahre für ein gemeinsames Sorgerecht für seine uneheliche Tochter und hat vom Europäischen Gerichtshof schließlich Recht bekommen: Unverheiratete Väter dürfen in Sachen gemeinsames Sorgerecht verheirateten Vätern gegenüber nun in Deutschland nicht mehr benachteiligt werden.

Auf den ersten Blick ein notwendiger Schritt: Dass unverheiratete Väter jenen mit Trauschein nicht gleichgestellt sein sollten, mutet realitätsfremd an. Der Weg zum Standesamt ist heute für viele Paare nicht mehr die logische Konsequenz einer Liebesbeziehung. In Österreich ist die rechtlige Lage eine andere. „Eheliche und uneheliche Väter sind in Österreich gleich gut – oder schlecht – gestellt“, sagt die Familienrechtsexpertin Deixler-Hübner im „diestandard„-Interview. Seit 2001 gelten für außereheliche Eltern bei einer gemeinsamen Obsorge die selben Bestimmungen wie für einst verheiratete Paare. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hat also keine unmittelbare Bedeutung für den österreichischen Rechtsbereich.

Dennoch liegt in Österreich einiges im Argen. Es ist versäumt worden, Vaterschaft ganz grundsätzlich zum Thema zu machen, zur Diskussion zu stellen. Sowohl politisch, als auch gesellschaftlich. Die traditionellen Väter, die vornehmlich eine Rolle als Familienernährer erfüllen, haben ausgedient, sie entsprechen häufig nicht mehr der Lebensrealität junger Menschen. Männer und Frauen absolvieren eine Ausbildung, finden (im besten Fall) einen Arbeitsplatz und entscheiden sich vielleicht eines Tages für Nachwuchs. Und das Kind nennt sich für eine Frau dann „Karriereknick“, bemerkte ein Kabarettist unlängst. Kinderbetreuung ist in Österreich nach wie vor ein Frauen-Thema. Im Sommer 2007 forderte der ehemalige  Sozialminister Erwin Buchinger erstmals einen staatlich bezahlten „Papamonat“, um Männer in Österreich in die Erziehungsarbeit nach der Geburt einzubinden. Die ÖVP ruderte draufhin sogleich zurück und forderte einen „Sonder-Urlaub“ nach der Geburt.

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat schließlich nicht für einen Papamonat, sondern für eine neue Variante des Kindergelds gekämpft und nach längerem Ringen eine Einigung mit der ÖVP erzielt. Das Kindergeld kann nun in fünf Varianten bezogen werden, darunter befindet sich eine einkommensabhängige Variante. Eltern, deren Kinder ab 1. Oktober 2009 geboren wurden, können das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld bis zum 14. Lebensmonat in Anspruch nehmen, wenn sich die Eltern die Zeit mit dem Kind teilen. Damit sollen auch Väter motiviert werden, mindestens zwei Monate bei ihrem Nachwuchs zuhause zu bleiben.

Österreich hat hier reichlich Aufholbedarf, derzeit nehmen nur rund 3,5 Prozent der Väter eine Karenzzeit in Anspruch. Während in Island und Schweden Väter 2005 im Durchschnitt 10,4 bzw. 9,2 Wochen Vaterschaftsurlaub nutzten, waren es in Österreich nur 0,4 Wochen. Laut einem aktuellen OECD-Bericht liegt Österreich bei Geburtenrate, Karenzurlaub und der Verfügbarkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen gar unter dem Durchschnitt der dreißig untersuchten Länder. Die Väterkarenz kann in Österreich seit dem Jahr 1990 in Anspruch genommen werden, wobei der (niedrige) Anteil der Karenzväter in den vergangenen Jahren nur langsam angestiegen ist (zum Vergleich 1999: 1,6 Prozent).

Solche Zahlen spiegeln sich auch in der Lohnstatistik wider. Frauen verdienen in Österreich noch immer rund 20 Prozent weniger, die Teilzeitbeschäftigung steigt kontinuierlich. Zwischen 1975 und 2000 hat sich die Teilzeitquote von Frauen gar von 14 Prozent auf 29 Prozent verdoppelt. Die Teilzeitquote der Männer wuchs lediglich von 1 auf 3 Prozent an. Bei weiblichen Teilzeitbeschäftigten ist der Anteil von Frauen mit Kindern dabei besonders hoch. Mehr als die Hälfte geht einer Teilzeitbeschäftigung nach, Frauen ohne Kinder machen nur ein Viertel aus.

Während in Ländern wie Schweden oder Frankreich ein gut ausgebautes System der öffentlichen Kinderbetreuung selbstverständlich ist, bleibt man im katholischen Österreich skeptisch. Wenig verwunderlich, dass es auch an männlichen Vorbildern fehlt, was eine engagierte Vaterschaft betrifft. Junge Männer mit Kleinkindern auf dem Arm – das ist in Österreich nach wie vor kein selbstverständliches Bild. Im Zuge von Recherchearbeiten für einen Dokumentarfilm hat mir ein junger Lehrer erzählt, dass er regelmäßig von Fremden angesprochen wird, wenn er mit seinem fünf Monate alten Sohn um den Bauch geschnallt auf die Straße geht. Die neugierigen Blicke in der Straßenbahn fallen ihm dabei kaum noch auf. Christoph hat ein Jahr in Elternteilzeit gearbeitet, um Zeit für seinen Sohn zu haben. „Was tust du denn dann zuhause? Da wird dir ja langweilig werden!“, meinte sein Vater dazu. Christoph war sich bewusst, dass ihm als Lehrer eine Auszeit recht leicht fiel. „Ich weiß nicht, ob ich das gemacht hätte, wenn ich in der Privatwirtschaft gearbeitet hätte“, erzählte er mir.

Und hier beißt sich die Katze wieder in den Schwanz. Frauen verdienen weniger, dann bleiben sie auch beim Kind zuhause. Zwei gut verdienende Menschen mit sicheren Jobs wie Christoph und seine Frau sind eher der Ausnahmefall. „Männerrolle und Vaterrolle stehen sich in unserer Gesellschaft immer noch gegenseitig im Wege. So kann sich auch kein neues, für eine Mehrheit der Männer greifbares Vatervorbild entwickeln, an dem sie sich sozial einvernehmlich orientieren können. Dieses aber ist überfällig, denn viele Männer wollen und können sich nicht mehr an ihren Vätern orientieren, finden aber auch wenig gesellschaftliche und institutionelle Resonanz auf ihrer Bedürftigkeit“, schreibt der Soziologe Lothar Böhnisch zudem in seiner Publikation zur „Männlichen Sozialisation“.

Daneben sei der steigende Externalisierungs- und Verfügbarkeitsdruck der Arbeitswelt ebenso schwierig mit engagierter Vaterschaft zu vereinbaren. Während fortschrittliche Unternehmen wie etwa „AVL List“ in Graz insbesondere für ihre Angestellten auf mittlerer und höherer Führungsebene flexible Arbeitsmodelle entwicklen, sieht die Realität für den durchschnittlichen Arbeiter oder Angestellten meist anders aus. Ein Elektriker in einem Klein- oder Mittelbetrieb in Karenz? Nach wie vor schwer vorstellbar.

In diesem Sinne braucht es eine Politik, die die Zeichen der Zeit erkennt und entsprechend handelt. Es geht darum, Elternschaft und Kinderbetreuung als gesamtgesellschaftliches Thema mit all seinen Verstrickungen wahrzunehmen. Es geht um Rechte und Pflichten, um persönliche Freiheiten und gerechte Verhältnisse, es geht um jeden einzelnen Vater –  nicht nur um Scheidungsväter.

PS. Aufruf! Du bist ein (junger) Vater und hast Lust, mir von deinem Alltag, seinen Herausforderungen und Problemen zu erzählen und lässt dich vielleicht auch von mir ablichten? Dann melde dich bitte unter denkwerkstattblog@gmail.com!

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