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Doppelmoral

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Zu lesen heute im Standard ist über den Beschluss eines neuen Gesetzes zur Regelung der Prostitution in Wien, das diesen Donnerstag vom rot-grünen Landtag verabschiedet werden soll.

Kernstück der Gesetzesänderung wird sein, dass Straßenprostitution nicht mehr in Wohngebieten stattfinden darf. Was dabei also Wohngebiet gilt, ist noch nicht endgültig geklärt. Vorläufig gilt als Wohngebiet eine Fläche, die mehrheitlich mit Wohngebäuden bebaut sind. Neben den erlaubten Bereichen, die noch nicht fix sind, im Gespräch ist der Prater oder Auhof, können unter bestimmen Voraussetzungen zusätzliche Erlaubniszonen geschaffen werden. Welche Voraussetzungen das sein können und wo die Erlaubniszonen dann sein werden, ist ebenfalls noch nicht sicher.

Weiters sieht das Gesetz vor, dass Prostitutionslokale einer behördlichen Meldepflicht unterliegen, Prostituierte sich bei Urlaub (!) und/oder Berufsunterbrechungen nicht mehr polizeilich abzumelden haben und Freier nun, die außerhalb der erlaubten Zonen Kontakt mit Prostituierten aufnehmen, bestraft werden können (können!) (bisher wurden nur die Prostituierten bestraft).

Die Gefahren, die darin verborgen sind, den Straßenstrich in abgelegene Gegenden zu verlagern, liegen darin, dass die Prostituierten noch größeren Gefahren ausgesetzt sind (weil unbewohntes Gebiet) und die Polizei noch weniger Präsenz und somit Schutz sein kann (weil unbewohntes Gebiet häufig auch uneinsichtiges und schwerer zugängliches Gebiet ist).

Was weiterhin nicht geklärt bzw. aufgehoben wird, ist die so genannte „Verletzung der guten Sitten“. Prostitution ist in Österreich grundsätzlich erlaubt, der Vertrag zwischen Prostituierten und ihren Freiern ist ein „sittenwidriger Vertrag“. Zur Folge hat dies für die Frauen (90 % der Prostituierten sind Frauen), dass sie, wenn ein Freier nicht zahlt, diesen Lohn nicht einklagen können. Gleichzeitig gelten Prostituierte aber seit 2000 als Neue Selbständige und sind somit verpflichtet ihr Einkommen zu versteuern. Dennoch fehlt nach wie vor eine Anerkennung der Prostitution als Erwerbsarbeit. Somit unterliegen die Frauen keinerlei Arbeitsschutzbestimmungen.

Es gehört wohl zur Doppelmoral des Staates monetären Profit aus der Prostitution zu schlagen, gleichzeitig sich aber damit zu rühmen die Prostitution zu bekämpfen und in Wirklichkeit doch nichts anderes zu tun als den Schein zu wahren mit einem hohen Preis, den aber eh die Prostituierten zu zahlen haben.

ba

Bodies From Outer Space

B

Eigentlich lese ich keine Frauenzeitschriften. Einerseits soll das ja gut für das seelische Gleichgewicht sein, andererseits wüsste ich gar nicht, welchen Nutzen ich aus Woman, Cosmopolitan und Co ziehen könnte. Werbung, als Content getarnte Werbung und zwischendrin ein paar Tipps dazu, wie frau sich Mr. Right angelt.

Am vergangenen Wochenende habe ich dann doch wieder einmal im Kaffeehaus die deutsche Cosmopolitan durchgeblättert. Und ich war ganz schön erstaunt (bzw. schockiert), welche Bildästhetik sich da vor mir ausbreitete. Weichgezeichnete Fotos von Frauenkörpern, die so stark bearbeitet wurden, dass oftmals schon die Ähnlichkeit mit der Spezies Mensch nicht mehr wirklich ersichtlich ist. Gelenke scheinen die Redakteurinnen der Cosmopolitan etwa so gar nicht zu mögen, denn vielen Models bleiben nach der Bildbearbeitung weder Knie, noch Ellenbogen. Da wird nicht nur verschlankt, sondern auch verlängert, verzerrt und verdreht.

Hier zwei Beispiele aus der Juni-Ausgabe:


Photoshop für Anfänger_innen (Auf Beinstellung und Proportionen achten)


Ok, ich habe keine Knöchel – dafür verdammt lange Unterschenkel!

Und was soll bitte damit bezweckt werden..?

Warum wirbt niemand für die Auflösung der Familie?

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fragt sich Suzanne Brøgger in ihrem Buch „…sondern erlöse uns von der Liebe“. Aber das war 1973 und die Autorin ist Dänin. Wir haben jetzt aber 2011 und wir sind in Österreich. Also reden wir von Familiensplitting, family mainstreaming und der Bevorzugung von Eltern gegenüber kinderlosen Frauen am Arbeitsmarkt. Reaktionär? Kurios? Anscheinend nicht genug: Mikl-Leitner, die neue ÖAAB-Chefin, ist sich der Problematik bewusst, wenn (in Zukunft?) ein Job bei gleicher Qualifikation eher an eine Mutter als eine kinderlose Frau gehen soll – „Da muss man vorsichtig sein. Es gibt ja etwa auch viele, die keine Kinder bekommen können.“ (Die Presse, 12.05.2011) Das ist kurios. Denn was soll das nach sich ziehen? Etwa dass Frauen, die keine Kinder bekommen können, Müttern gleich gestellt werden sollen? Was passiert mit der sonderbaren Art von „Frau“, die ohne gegebenen biologischen Anlass keine Kinder hat, weil sie einfach keine Kinder will?

Aussagen wie diese lassen daran zweifeln, dass die Kernfamilie in nächster Zukunft abgeschafft werden wird. Dabei geht es in erster Linie nicht um irgendeine Kernfamilie, die es um jeden Preis aufrecht zu erhalten gilt, sondern um jene des Mittelstandes, also jene der so genannten Leistungsträger (kein generisches Maskulinum). Denn auf diese, so hat schon Suzanne Brøgger vor 38 Jahren erkannt, richtet sich die gesamte Konsumgüterindustrie. Nach dem Motto Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s der Kernfamilie gut. Warum dies auch umgekehrt gilt, liegt daran, so Brøgger, dass Neuanschaffungen einem das Gefühl der Erneuerung im Paarverhältnis geben. „Wenn das junge Paar eine Tiefkühltruhe bekommen hat, küssen sie sich, und abends lieben sie sich vielleicht.“ Hier schließt sich dann auch der Kreis: Konsumgütererwerb – Sex – Kinder – Kernfamilie – Konsumgütererwerb.

Irgendwo soll es sie aber geben, wird gemunkelt, die Anti-Familialist_innen.

(ba)

Eistee, primitiv und sexistisch

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Was hat sich der Vorarlberger Fruchtsaft-Produzent „Rauch“ nur dabei gedacht? Für das neueste Produkt, den Eistee „Black“ wird tief in die Sexismus-Kiste gegriffen. 100.000 Fans will das Unternehmen mit dem „Swag-o-mat“ auf seine Facebook-Seite locken. Das Prinzip: Je mehr Fans, umso mehr gibt es von den beiden „Früchtchen“ „Peach“ und „Citrus“ zu sehen, die sich gerne entblättern möchten, weil ihnen so unglaublich heiß ist.

Die beiden Frauen im Catsuit verkörpern die Geschmacksrichtungen des Tee-Getränks und begleiten „Money Boy“, der schon „voll den Swag in der Hose“ hat. „Soll ich ihn rausholen?“, fragt er im Video die beiden Frauen.“Wie dumm Lady Peach / Citrus sich wohl beim Videodreh gefühlt haben müssen. ‚We do it for the money“ xD‘, amüsiert sich ein Facebook-User.

Soll das lustig sein? Ich würde eher sagen: zum Kotzen.

Kontaktadressen für euren Protest findet ihr hier.

Webschau

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Am Sonntag vor einem Jahr verstarb Johanna Dohnal. Susanne Feigl, ihre Biografin, hat im Standard die letzten O-Töne der großen Politikerin unter dem Titel „Was sie empörte – bis zuletzt“ veröffentlicht.

Auch in Österreich tut sich endlich etwas in Sachen Quote: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner diskutierte am Montag mit Frauenministerin Heinisch-Hosek über eine mögliche Quote für Aufsichtsrät_innen in staatsnahen Betrieben, berichtete diestandard.at. Laut einer Umfrage des Sora-Instituts ist die Zustimmung zur Frauenquote übrigens unter jungen Frauen am höchsten – 70 Prozent der Männer lehnen sie ab.

Auch Trendforscher Matthias Horx meldet sich im Standard zur Quotendebatte zu Wort und kritisiert die hierzulande weit verbreitete „männerbasierte Präsenzkultur“ im Arbeitsleben. Die Karrierewelt kann sich nur ändern, wenn eine kritische Masse von Frauen in den Chefetagen eine generell andere Zeitkultur durchsetzt – in Kooperation mit starken Männern, die auch kein Interesse mehr daran haben, mit ihrer Familie nur noch auf diplomatischem Wege zu verkehren, so Horx.

Zum 100. Jubliäum des Internationalen Frauentag hat die Mädchenmannschaft bereits allerlei Veranstaltungstermine gesammelt. Weitere Hinweise sind erwünscht.

Für alle Leute, die aus den österreichischen Bundesländern zur 20000frauen Demo am 19. März anreisen möchten, gibt es gute Nachrichten: Mit einer Vorteilscard der ÖBB gibt es ein Zugticket nach Wien und retour um 60 Prozent billiger, ohne Vorteilscard erhält frau 25 Prozent Rabatt.

Ab heute Montag am Kiosk: Die neue Ausgabe der Missy! Zur Feier der zehnten Ausgabe gibt es eine CD mit 11 brandneuen Tracks aus dem „queer-pop-feministischen Umfeld“ mit dazu.

Neues aus der Blogosphäre: „Die chaotische Welt der Geschlechter“ – unter diesem Titel bloggt Khaos.Kind seit wenigen Monaten „aus dem Alltag einer angehenden Berufsfeministin“.

Positive Diskriminierung in Utopia

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„Die Männer und Die Frauen gibt es überhaupt nicht, und sie sollten auch nicht als platonische Idee zu moralischen Zwecken konstruiert werden, weil erst dadurch konkrete Individuen diskriminiert würden“, schreibt Georg Schildhammer auf standard.at. Unter dem Titel „Platon meets Gender-Mainstreaming“ widmet der Autor eine Reihe logischer, nein –  zynischer – Argumentationsketten einer Schmähung der „positiven Diskriminierung“. Denn wirklich ernst meinen kann der Autor seinen Text dann doch nicht.

Schon sein Eingangsbeispiel eines Chirurgen und einer Chirurgin, die sich beide um den selben Job bewerben, scheint sich eher im luftleeren Raum als in der Realität abzuspielen: „Peter ist 50, Single und Gehirnchirurg. Er hat hunderte von Operationen erfolgreich durchgeführt, international geforscht, publiziert und gelehrt und mehrere Auszeichnungen für seine Arbeit erhalten. Sabine ist ebenfalls 50, Single und Gehirnchirurgin. Sie hat genau so viele Operationen erfolgreich durchgeführt wie Peter, im selben Umfang international geforscht, publiziert und gelehrt und dieselbe Anzahl und Art von Auszeichnungen erhalten wie ihr männlicher Kollege.“

Zumindest hierzulande ist die Wahrscheinlichkeit wesentlich höher, dass Sabine 50, erfolgreich und Single ist, während Peter drei Kinder hat, die von seiner Ehefrau betreut werden. Oder aber Sabine hat weit weniger Auszeichnungen, da sie während ihrer Karenzzeit nicht in Harvard studieren konnte und vermutlich hat sie auch weniger Publikationen vorzuweisen, weil sie an ihrer männlich dominierten Universität nicht (so wie Peter) vom Institutsvorstand in „wichtige Kreise“ eingeführt wurde.

„Peter und Sabine bewerben sich um den Posten eines Primarius/ einer Primaria an einem Wiener Spital. Sabine bekommt den Job. – Warum? Weil sie eine Frau ist“, fährt der Autor fort. Und das sei ungerecht und moralisch nicht vertretbar, so Schildhammer. Peter nehme als Bewerber nämlich nur eine passive Rolle ein, er selbst entscheide nicht über die Vergabe des Postens und diskriminiere somit Sabine auch nicht.

Nun, dem kann mensch nicht wirklich widersprechen – dennoch scheitert die gesamte Argumentationslogik des Autors an den praktischen Gegebenheiten. Die Arbeitswelt besteht nämlich nicht aus unabhängigen Individuen, die freie Entscheidungen treffen und in einem gesellschaftlichen Vakuum agieren. Vielmehr besteht sie aus einem partriarchalisch geprägten System mit entsprechenden Führungskulturen und einer Tradition der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung. Dies völlig auszublenden, wenn es um Dinge wie „positive Diskriminierung“ oder Quoten geht, ist schlicht irrsinnig. Zumindest, wenn entgegen eines falsch verstandenen Liberalismus Begriffe wie „Gerechtigkeit“ eine Bezugsgröße darstellen sollen.

„Um weder Peter, noch Sabine ad personam zu benachteiligen, beiden die gleiche Chance auf den angestrebten Posten zu ermöglichen und mittel- bis langfristig den erwünschten Männer-Frauen-Gleichstand hervorzurufen, kann es nur einen Weg geben: Unter allen gleich qualifizierten Bewerbern entscheidet das Los“, schließt der Autor. Vielleicht ist das auch gar keine so schlechte Idee. In Utopia.

Quoten-Schoten

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In Deutschland ist eine hitzige Debatte um Frauenquoten entbrannt – Familienministerin Schröder winkt ab, Ursula von der Leyen hält eine feste Frauenquote von 30 Prozent in Führungsgremien der deutschen Wirtschaft für längst überfällig. Die Mädchenmannschaft hat sich der Diskussion angenommen und widmet der Quote ein eigenes Dossier.

Auch in Österreich wird über die Quote diskutiert – wenn auch wesentlich zurückhaltender. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek schlägt eine freiwillige Selbstverpflichtung für börsennotierte Unternehmen vor, sollte diese ohne Wirkung bleiben, soll eine gesetzliche Regelung ab 2014 Abhilfe schaffen.

Verpflichtende Frauenquoten in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst fordert das Projekt „Quotenschoten“ auf humorvolle Weise ein: „Der Opa wird von Franz gepflegt, Franziska heut‘ zur Sitzung geht“, wird auf der Website gereimt.

Am 8. Februar findet in Wien die erste Pressekonferenz der „20000frauen“ statt. Diese wird mit einem Flashmob verbunden, kreative Mitstreiterinnen werden noch gesucht! Interessierte melden sich hier. Auch eure wichtigsten feministischen Forderungen sind nach wie vor gefragt.

Auch in den USA wird anlässlich des Frauentags mobilisiert: Eine queer-feministische Gruppe der Harvard University ruft zum „Feminist Coming Out Day“ auf. Wie ihr dazu beitragen könnt, erfahrt ihr hier. (via Mädchenblog)

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