Alles Gute zum Muttertag

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Der Muttertag ist ähnlich wie Weihnachten ein Fixpunkt für die Medien, schließlich lässt sich das Thema gut emotionalisieren (bzw. moralisieren!) und auch verkaufen: Werbeanzeigen für Parfüm, Pralinen und Schmuck sind da stets inbegriffen.

Auch 2012 warteten die österreichischen Medien wieder mit einigen Kuriositäten auf, hier ein kleiner Überblick:

„So bringen sich Topmodel-Mamis in Schuss“ – der „Kurier“ weiß, was Frauen* interessiert. Auch unter dem Titel „Wohin mit der Mama an ihrem Ehrentag“ fanden sich interessante Tipps: Der Zoo in Salzburg bot etwa eine Sonderführung „Mutterliebe im Tierreich“ an. (Überhaupt scheint es einen Redaktionskodex zu geben, der Wörter wie „Muttis“, „Mami“ und Co statt „Mutter“ vorschreibt)

In der „Kleinen Zeitung“ versuchte mensch, in einem Interview mit einem Kinderpsychiater möglichst alle bestehenden Mütterlichkeits-Mythen unterzubringen: „Warum eine perfekte Mutter nicht perfekt ist„. In „Vier Frauen und ihr Glücksfall“ wurde dann von den Freuden des Mutterseins erzählt: „Als Bruno auf die Welt kam, war mein erster Gedanke, ihn abzuschlecken – eine rein instinktive Geschichte. Für mich ist Muttersein die totale Symbiose mit meinem Kind, ich bin immer für Bruno da. Er ist meine erste Liebe, das ist ganz intensiv und war auch schon so, als er noch in meinem Bauch war.“

Rund um den Muttertag wurde auch die Still-Geschichte wieder herausgekramt. Das „Time“-Magazin setzte mit seinem Coverfoto einer Frau, die einen Dreijährigen stillt, dank Schock-Effekt auf gute Verkaufszahlen. Das Thema Stillen bietet sich immer für Moral-Debatten und Aufreger an: Das Foto einer nackten Brust – wenn sie beim Stillen gezeigt wird – schockiert auch 2012 noch ungemein. (Siehe auch: „Mein Busen gehört mir“ und „Stillende Pornokünstlerinnen„)

Die Tageszeitung „Die Presse“ stellte Grünen-Chefin Eva Glawischnig in einem Interview folgende Frage zum Muttertag: „Der Muttertag war und ist bei Linken und Feministinnen verpönt. Sehen Sie das entspannter, weil Sie Kinder haben?“ (Muss ich dazu noch etwas sagen?)

Niederösterreich heute“ präsentierte in einem Beitrag die typische österreichische Alleinerzieherin: Sie hat selbst drei Kinder und zusätzlich drei Pflegekinder aufgenommen. Abends sei sie zwar müde, aber überglücklich. Im dazugehörigen Bericht durften Kinder das allseits beliebte Muttertagsgedicht aufsagen, in dem wir fürs Kochen und Putzen „Danke“ sagen.

„365 Tage im Jahr sind Mütter für ihre Familien da. Seinerzeit war allerdings rein der Vater fürs Geldverdienen zuständig, die Mutter für Haushalt und Kinder. Heute ist ein Großteil der Mütter berufstätig und versucht, Familie und Beruf so gut es geht unter einen Hut zu bringen“, erzählte uns die Moderatorin von „Kärnten heute“ und präsentierte dann eine Frau, die auch trotz 25-Stunden-Job versucht, eine gute Mutter zu sein. (Fast schon erfrischend wirkt da im Gegensatz dazu der Beitrag von „Oberösterreich heute„)


Diskussionsrunde bei „Im Zentrum“

Für das Highlight des Tages sorgte aber „Im Zentrum„. „Karrierefrauen gegen Superglucken – Wer sind die besseren Mütter?“, wurde da gefragt. Allein schon, dass der Begriff „Karrierefrau“ im Jahr 2012 noch immer für eine berufstätige Frau herhalten muss, erstaunt ein wenig. Und diese „Karrierefrau“ ist selbstverständlich der Gegenpart zu einer „Superglucke“, die die Kleinsten womöglich mit Mutterliebe erdrückt. In die (feminismusfreie) Sendung wurden von der Redaktion schließlich Diskutantinnen eingeladen, mit denen sich die österreichische „Durchschnittsmutter“ (an die sich die Sendung bestimmt richten sollte) indentifizieren konnte: etwa die Rechtsaußen-Politikerin Barbara Rosenkranz (die sich bei diesem Thema gerne gemäßigt gibt) und die „Ohne Worte“-Autorin Eva Herman (allesamt Top-Verdienerinnen).

Die Diskussion driftete relativ bald ins Absurde ab, sodass Barbara Rosenkranz in der Runde fast schon progressiv wirkte. Als wahre Expertin für soziale Ungleichheit erwies sich Eva Dichand, die unter anderem mit folgendem Zitat glänzte: „Aber ich finde schon, mit den Sozialleistungen, die wir haben kannst du an und für sich schon zuhause bleiben. (…) dann kann ich mir halt kein Designerkleid kaufen um 200 Euro.“ Und weiter: „Will ich jetzt mit vierzig der Superstar sein und vielleicht Oberarzt oder was weiß ich was oder was weiß ich, die Filiale von Billa leiten, um es jetzt irgendwie in verschiedenen Schichten zu sagen.“

Dazwischen wurde viel über Baby-Yoga diskutiert und Eva Herman versuchte wieder einmal, ihre Pseudo-Studien unterzubringen, die beweisen würden, dass das Kind zur Mutter gehört und die Tagesstätte krank macht. „Weil Rabenmütter sind eigentlich die Mütter, die ihre Kinder eher vernachlässigen in Anführung und arbeiten gehen und die Kinder weggeben. Das sind die Rabenmütter. (…) Die Mutter, die zuhause ist, kocht das Mörchen klein und püriert es für das Kind und macht es gerne.“

ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser, die wohl die einzige Diskutantin mit Realitätsbezug in der Runde darstellen sollte, blieb leider recht blass und konnte die Diskussion nicht wirklich in eine andere Richtung lenken. Wieder einmal völlig falsch wurde zwischendurch der „Jugendmonitor“ präsentiert, demzufolge junge Frauen am liebsten Haufrauen wären. In der Umfrage gaben aber auch 34 Prozent der Männer an, gerne die Rolle des Hausmanns übernehmen zu wollen. Verglichen mit realen Daten lassen diese Aussagen sehr viel Spielraum für Interpretationen.

Für politisch brisante Fragen (Armutsgefährdung von Alleinerzieherinnen, Verteilung von unbezahlter Arbeit, Care Work von Migrationen…) gab es bei „Im Zentrum“ keinen Platz, dafür fragte Ingrid Thurnher am Schluss die berufstätigen Mütter, ob es ihnen denn an emotionaler Bindung zum Kind mangle. Erleichtert konnten wir aufatmen: Alle Diskutantinnen versicherten, ihre Kinder zu lieben.

Viel mehr Expertise zum Thema Muttersein findet ihr unter anderem bei den „Fuckermothers“ und „Feminist Mum„. Muttertagsaktion der 20000frauen: Bericht auf diestandard.at

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