Doing Gender am Frühstückstisch

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Welche unserer Alltagspraktiken sind eigentlich nicht vergeschlechtlicht? – Diese Frage stellten wir uns einst in einem Uni-Seminar und erst nach langem Überlegen brachte jemand den Vorschlag „Zähne putzen“ ein. Ja, schon im Kindergarten lernen wir, dass gesunde Zähne wichtig sind und diese drei Mal täglich geputzt werden sollen, von Männern und von Frauen. Und dabei gibt es keine bestimmten Verhaltensregeln, wie die jeweilige Geschlechtsgruppe ihre Zähne putzen müsste – Zähne haben anscheinend kein Geschlecht. Bisher ist (so weit ich weiß) auch noch kein Unternehmen auf die Idee gekommen, Zahnpasta für Männer (vielleicht mit „wildem Menthol“) oder für Frauen (mit „herrlichem Rosenblütenduft“) auf den Markt zu bringen.

Und wo wir schon bei der Zahnpflege wären, wie sieht es eigentlich mit dem Frühstück aus? Der Online-Müsliversand „MyMuesli“ zeigt, dass Müsli-Essen schon im Kindesalter nach Geschlechtern getrennt erfolgen kann. Das Unternehmen hat jüngst Kinder-Müslis in sein Sortiment aufgenommen und sogleich ein „Piratenmüsli“ und ein „Prinzessinnenmüsli“ kreiert. Der wesentliche Unterschied: Im „Piratenmüsli“ für die Jungs sind Kakao und Schokoladestückchen zu finden, im „Prinzessinnenmüsli“ viele rote Früchte.

So weit, so gut. Aber immer, wenn es um Geschlecht geht, sind Verhaltensnormen nicht weit. Das Jungs-Müsli gibt „Kraft für wilde Abenteuer“. Und natürlich schmeckt es richtig gut, denn sonst „fliegt es einfach über Bord“. Und was ist mit den wilden Abenteuern der Prinzessinnen los? „Das Müsli für Prinzessinen schmeckt auch anspruchsvollen Frühstückerinnen und bietet zur Freude der Eltern ein vollwertiges und ausgewogenes Frühstück für jeden Tag.“ Wozu sie die gelieferte Energie benötigen? „Prinzessinnen müssen schließlich pünktlich in die Schule kommen.“

Fotos: mymuesli.com, sagespot

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